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Die Staaten im Rüstungstaumel

14. Mai 2025

Ressourcenmissbrauch durch Weltrekord an Militärausgaben

Die pax-christi-Kommission Friedenspolitik sieht angesichts der neuesten Rüstungszahlen die Staaten in einem Rüstungstaumel, der immer mehr zum Kriegsrisiko wird. Mit dem verstorbenen Papst Franziskus („Diese Wirtschaft tötet …“) interpretieren wir die Entwicklung auch als Symptom eines an seine globalen Grenzen stoßenden Kapitalismus, der Kriege zum Selbsterhalt braucht. 

Weltweit höchste Rüstungsausgaben aller Zeiten
Der Bericht des Stockholmer Friedensforschungsinstituts SIPRI von Ende April 2025 zeigt, dass noch nie in der Geschichte so viel Geld für Rüstung ausgegeben wurde wie im vergangenen Jahr. Danach erreichten die weltweiten Militärausgaben 2024 mit 2,72 Billionen US-Dollar zum zehnten Mal in Folge einen Rekordstand. Das waren inflationsbereinigt 9,4 Prozent mehr als im Vorjahr, der größte jährliche Anstieg seit mindestens 1988. 

Die USA machen als Spitzenreiter mit 997 Milliarden US-Dollar mehr als ein Drittel (37 Prozent) der weltweiten Militärausgaben aus, mehr als das Dreifache des Zweiten, China, das 314 Milliarden ausgab, gefolgt von Russland mit 149 Milliarden US-Dollar. Deutschland verbrauchte 88,5 Milliarden US-Dollar für das Militär und lag damit erstmals seit der Wiedervereinigung vor allen Ländern Mittel- und Westeuropas auf Platz vier. Dies bedeutet einen Anstieg von 28 Prozent gegenüber dem Vorjahr.

Die Ukraine verwandte mit 64,7 Milliarden US-Dollar seine kompletten Steuereinnahmen für Rüstung und ist weltweit das Land mit der höchsten Militärlast (34 Prozent des Bruttoinlandsprodukts). Israel steigerte mit 65 Prozent seit dem Vorjahr seine Militärausgaben auf 46,5 Milliarden US-Dollar so stark wie seit 1967 nicht mehr, während die des Iran um 10 Prozent auf 7,9 Milliarden Dollar zurückgingen. 

Rüstung erhöht Kriegsgefahr
Die Erfahrung zeigt, dass Rüstungssteigerungen die Wahrscheinlichkeit von Kriegen erhöhen. Sie gehen einher mit dem Glauben, dass durch immer mehr Waffen Sicherheit geschaffen wird. Wo das Wettrüsten die Diplomatie ablöst, wächst die Gefahr, dass Staaten wie vor dem Ersten Weltkrieg schlafwandlerisch in einen Krieg taumeln. Nach einer Meldung der Nachrichtenagentur AFP vom 9. Mai berichtete der niederländische Ministerpräsident Dick Schoof von einer vertraulichen NATO-Vorgabe, nach der die NATO-Staaten bis 2032 sogar 5 Prozent der Wirtschaftskraft für Verteidigung ausgeben sollen. Dabei wenden sie jetzt schon 55 Prozent der weltweiten Militärausgaben auf. Die militärische Instabilität wurde verstärkt durch die Kündigung wichtiger Rüstungskontrollabkommen wie des INF- und des ABM-Vertrages durch die USA und dann durch Russland, denen keine Abrüstungsverträge folgten. Nach der von internationalen Forschern berechneten „Weltuntergangsuhr“ stand die Menschheit mit 89 Sekunden noch nie so kurz vor der Selbstvernichtung wie 2025.

Mit der Rüstung wächst der Hunger
Während die Militärausgaben durch die Decke gehen, werden Entwicklungsausgaben und humanitäre Hilfe gekürzt, um 20 Prozent seit 2022, mit weiteren Kürzungen ist zu rechnen. Laut der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) sind die deutschen Entwicklungsleistungen 2024 um 5 Milliarden Euro auf 30 Milliarden Euro gesunken gegenüber 2023. 

Diese Kürzungen wirken sich besonders auf die Armutsbekämpfung, Bildung und Infrastruktur in Ländern mit sogenannten vergessenen Krisen wie Angola, Burundi, Burkina Faso oder der Demokratischen Republik Kongo aus. Wer in einem Land wie Burkina Faso mit einem Bevölkerungsanteil von mehr als 50 Prozent unter 18 Jahren keine Ausbildungsmöglichkeit hat, dem bleibt die Flucht vor Armut oder die Arbeit für Terrororganisationen, die 300 Euro pro Monat zahlen. Armut und Perspektivlosigkeit erhöhen den Migrationsdruck. Der Vorrang der Rüstung schadet den Partnerländern wie auch unserem Land, verschärft Probleme und ist ein Missbrauch der Ressourcen dieser Erde. 

Zudem verursachen Rüstung und Militär etwa 5,5 Prozent der weltweiten Treibhausgas-Emissionen, fast doppelt so viel wie der zivile Luftverkehr mit 3 Prozent. Die Kriege wie in der Ukraine und in Gaza erhöhen die Anteile zusätzlich, von der dadurch in Gang gesetzten weltweiten Aufrüstungsspirale ganz zu schweigen.

Papst Franziskus + beschrieb dies weitsichtig: „Der Zwang zum ewigen Wettrüsten verwüstet die Seele und bindet gewaltige Ressourcen, die sonst zur Verfügung stünden für den Kampf gegen den Hunger, für eine gute medizinische Versorgung aller und für mehr Gerechtigkeit. Ressourcen, um endlich den einzig möglichen Weg einzuschlagen, um der Selbstzerstörung der Menschheit zu entgehen. Aktuell werden auf der Welt 59 Kriege geführt … Krieg ist nur ein Wahnsinn, der die Händler des Todes mästet und die Unschuldigen dafür bezahlen lässt. Würde man ein ganzes Jahr keine Waffen produzieren, könnte man den Hunger in der Welt ein für alle Mal besiegen. Ein einziger Tag ohne Militärausgaben würde 34 Millionen Menschen retten. Stattdessen steigen die Rüstungsausgaben schneller als je zuvor und der Hunger mit ihnen.“ (Aus der Autobiographie „Hoffe“, 2025)